Wir halten zusammen – der Alltag einer großen, bunten Pflegefamilie

„Man darf nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen!“ - Christa Forster – Pflegemutter aus Holzheim

Knalliger Lippenstift, moderne Frisur, jugendliches Outfit und keine Spur von Sorgenfalten um die strahlenden Augen, wenn Christa Forster von ihrem Leben als Pflegemutter erzählt.

Und das, was sie im Dezember 2022 der Sozialwesen-Klasse 9e zu erzählen hatte,  zog alle Schüler:innen in ihren Bann: Erlebnisse aus dem Alltag einer Pflegemutter, die bereits seit vielen Jahren mehrere Kinder bei sich aufgenommen und groß gezogen hat! Ein bunter Blumenstrauß an lustigen, traurigen, erschreckenden und emotionalen Geschichten, den Frau Forster da für uns bereit hielt.

Jedes dieser Pflegekinder hat seine eigene Geschichte bevor es zu Familie Forster – bestehend aus Christa, ihrem Mann und den eigenen vier Kindern – kommt. Doch eines ist allen gemeinsam: sie haben alles andere als eine leichte Vergangenheit! Sie wurden vernachlässigt, im Stich gelassen, erlebten verbale und körperliche Gewalt sowie Missbrauch. Das, was wir an diesem Vormittag hörten, trieb so manchem Zuhörer die Tränen in die Augen.

Frau Forster nimmt jedes dieser Kinder trotz oder gerade wegen dieser schlimmen Schicksale mit ganzem Herzen auf und an: „Einfach war das nicht immer! Aber wir konnten dieses Kind doch nicht wieder fortschicken… das wurde es doch schon so oft in dem kurzen Leben!“

Bereits als Kind wollte Christa Forster irgendwann einmal ein eigenes Kinderheim. So schult sie eines Tages um und wird Erzieherin. Doch das genügt ihr nicht. Durch einen Artikel in der heimischen Tagespresse, wird sie darauf aufmerksam, dass es an Pflegeeltern mangelt und viele Jugendliche auf offene Arme warten: „Wir haben unsere Kinder gefragt, ob sie Lust haben, sich mit uns auf dieses Abenteuer einzulassen… und sie hatten!“.

Nach einem Bewerbungsverfahren und einigen Wochen Wartezeit kam dann der erste Junge in die Familie, der mit seinen 8 Jahren und einer Autismus-Spektrum-Störung nicht gerade ein „einfacher Einstieg in die Sache Pflegefamilie“ war. Doch er blieb bis ins Erwachsenenalter und es folgten im Laufe der Jahre weitere Pflegekinder, die teilweise bereits wieder ausgezogen sind und ein selbstständiges Leben führen. Mit jedem dieser Kinder verbindet die Familie weiterhin ein guter und herzlicher Kontakt, „auch wenn wir beim Besuch von so manchem immer noch die Geldbeutel verstecken“. Diesen Humor zeichnet Frau Forster aus, die alle Erlebnisse, seien sie auch noch so unglaublich und anstrengend gewesen, mit einer faszinierenden Leichtigkeit erzählt. So begleitet sie auch einen Jugendlichen während seiner schweren Krebserkrankung und gibt für ihn ihren Job als Erzieherin auf.

Aktuell leben noch drei Pflegekinder im Alter von 6, 8 und 10 Jahren bei Familie Forster. Sie sind ganz wunderbar in das Dorfleben integriert und fühlen sich bei Familie Forster wohl. Die eigenen Kinder sind teilweise bereits ausgezogen und Christa Forster ist sogar schon Oma. Langweilig wird es in dieser Großfamilie definitiv nicht! Sie beweist, dass Familie mehr bedeutet als genetische Verwandtschaft! Toll!

Meine Schüler:innen waren beeindruckt von Frau Forsters großem Herz und ihren guten Nerven. Nach dem Besuch äußerten sie sich in einer anonymen schriftlichen Reflexionsrunde beispielsweise wie folgt:

„Ich war selbst in Pflegefamilien und ich hätte Christa gerne als Pflegemutter gehabt. Sie scheint sehr verständnisvoll zu sein!“

„Frau Forster hat ein großes Herz, weil sie den Kindern immer eine Chance gegeben hat… auch wenn sie nicht leicht waren!“

„Ich habe Respekt vor der Frau! Es ist echt stark, dass sie Kinder aufnimmt, die es nicht leicht haben und dass sie so liebevoll zu ihnen ist!“

Für mich als Lehrerin und Mama war es besonders eindrucksvoll, wie Christa Forster ihre Rollen als berufstätige Mutter und Pflegemutter von mehreren Kindern so gut unter einen Hut bringt und sich dabei selbst nicht vergisst. Auf die Frage, wie sie diese Belastung emotional stemmt, antwortet sie mit ihrem sympathischen Dialekt und blitzenden Augen: „Ach mei… ma darf halt net aus jeder Muck an Elefant macha! Das is es oft net wert!“

Angesichts der Erlebnisse, die Frau Forsters Pflegekinder bereits ertragen mussten, relativieren sich vermeintlich eigene Probleme tatsächlich in den meisten Fällen recht schnell und man darf dankbar sein.

Dankbar vor allem auch dafür, dass wir kurz vor Weihnachten einen solchen Engel kennenlernen durften!

Liebe Frau Forster, vielen Dank für Ihren Besuch und die sehr privaten Einblicke in Ihr Familienleben! Sie sind ein tolles Vorbild für unsere Schüler:innen… und mich!

 

Im Namen der Klasse 9e,

Martina Herrmann